DIE KAPITULATION    //    Bild 1   2   3   4





Cash Pool, 2010, Modellbau (in Kooperation mit Matias Bechtold und Forian Göpfert)




Der erste Taler, 2010, Modellbau (in Kooperation mit Matias Bechtold)

Cash Pool, 2006 (Black Edition), in Kooperation mit Forian Göpfert

Anlässlich ihres zwanzigjährigen Bestehens wird die BEWEGUNG NURR vom 17. April bis 29. Mai 2010 in der Galerie Weißer Elefant in Ihrer Ausstellung „DIE KAPITULATION“ neue Werke zeigen, die einen Bezug zwischen dem Kapitalismus in der Krise und dem Selbstverständnis des Künstlerkollektivs und seinen Produktionsbedingungen behandeln.

Cash Pool, 2006, 3D Animation (Details)

In Bezugnahme auf bekannte Redewendungen, Bilder und Figuren (einen Menschen in Gold aufwiegen, Geldregen, Dagobert Duck etc.) ist die Arbeit „CASH POOL“ von der aberwitzigen Vorstellung eines Geld-Swimming Pools und der Möglichkeit darin einzutauchen als einer der obszönsten Möglichkeiten, seinen Reichtum zu zelebrieren, geleitet. Was in der Realität ein Verletzungsrisiko darstellen würde, gerät durch den in der 3D-Animation angewendeten Zeichentrickstil zu einer Verheißung. Der Springer ist nicht zu sehen, nur die Auswirkungen auf das Sprungbrett und den Münzpool. Und so ist es der Phantasie des Betrachters überlassen, ob er sich an seine Stelle wünscht oder es einem anderen überlässt, sich den Wonnen eines Geldbades hinzugeben. Durch die comichafte Darstellung in „CASH POOL“ verliert das Geldbad seine Schamlosigkeit und erlaubt so dem Betrachter, kurzzeitig ohne moralische Fesseln in seinen Traum vom unermesslichen Reichtum einzutauchen. „Nur wer Geld hat“, sagt der Trendforscher David Bosshart, „kann Zukunft horten.“

Golem, 2006

Das Werk „CASH POOL“ findet thematische Ergänzung durch die Skulptur „Der Erste Taler“. Hierbei handelt es sich um einen goldenen Taler, der auf einem Kissen auf einem Pappsockel ruht. Der Erste Taler ist bekannt aus Entenhausen. Dagobert Duck hegt eine geradezu vergötternde Zuneigung zu seinem Glückstaler, auch Glückszehner genannt, die erste Münze, die er als Kind selbst verdient und auch gegen hartnäckige Schurken verteidigt hat. Der erste Taler steht in der donaldistischen Literatur für die Heiligsprechung der kapitalistischen Grundwahrheit, dafür dass der Zweck der Profitproduktion der Profit selbst ist: Wer dies nicht verinnerlicht, wird es im Leben schwer haben sein Geld zu mehren. Die BEWEGUNG NURR leistet hier eine Übertragung aus dem donaldistischen Kontext in ihre Auseinandersetzung um die Produktionsbedingungen, denen sie selbst unterworfen ist. Denn wirkungsstark wird diese Skulptur durch die selbst verordnete ironische Einsicht durch Nachbau: Auch in der Kunst hat nur derjenige wirklich optimale Chancen, der sich offen und rückhaltlos zum Kapital bekennt, und dieses System kann nur dann funktionieren kann, wenn die Mahnung, dem Kult Folge zu leisten, allgegenwärtig ist. Typisch für die BEWEGUNG NURR ist hier die Initiative zur Ambivalenz in der Auslegbarkeit, die sich einer Pseudo-Eindeutigkeit jener Kapitalismuskritik, die immer mit Moral arbeitet und sich selbst per se für moralisch integer hält, also einer Kapitalismuskritik als Business, verschließt.

Swirl, 2006